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Pressebericht der HZ von Freitag, 26. Juni 2015
Zickenkrieg ums Tafelsilber
Überzeugende Premiere:
"Schillers Freu(n)de" mit " Die Katze auf dem heißen Blechdach"
Die Erfolgsfilme der 1950er-Jahre aus den USA haben es der Theater-AG
des Schiller-Gymnasiums offenbar angetan: Nach "Denn sie wissen nicht
was sie tun" steht jetzt die "Katze auf dem heißen Blechdach" auf
dem Spielplan - eine konsequente Weiterentwicklung von der
Jugendrebellion zum Mehrgeneration- enkonflikt, so nannte es Regisseur
Dr. Hans-Peter Goldberg an der Premiere der Inszenierung, die am
Mittwochabend im ausverkauften Saal des WCM-Gebäudes über die Bühne
ging.
Der Inhalt der Geschichte muss an dieser Stelle wohl nicht wiederholt
erden, nur so viel sei gesagt: Jede der Personen im Stück trägt
gehörig Konfliktpotential an die für "Big Daddy" vorbereitete
Geburtstagstafel, die, so erfahren es die Zuschauer mit den
Protagonisten auf der Bühne, seine letzte sein wird. Und so beginnt noch
vor der Zeit des Trauerns der Sturm auf das Tafelsilber.
Nun ist für die Schülerinnen und Schüler im Alter von 14 bis 18
Jahren einen jugendlichen Rebellen, wie es seinerzeit James Deans Rolle
vorsah, darzustellen sicherlich eine einfachere Aufgabe als die
erwachsenen bis hochbetagten Figuren in Tennessee Williams'
Familiendrama mit Leben zu erfüllen. Und doch wird diese Aufgabe gut
gelöst, wobei allen voran Michael Liebhaber in der Rolle des "Big Daddy"
genannt werden soll.
Denn wie er in seinem jugendlichen Alter den respekt- und
furchteinflößenden Großgrundbesitzer und zynischen Familienvater gibt,
das ist schon eine große Leistung. Er schafft es, in Sprache und Gestik
keinerlei Zweifel aufkommen zu lassen, dass er als Herr und Gebieter
keinesfalls gewillt ist, dem Schicksal freien Lauf zu lassen.
Mit ähnlicher Zielstrebigkeit agiert Maggie, die "Katze", gespielt
von Marina Mattern, die es gut versteht, die frivolen, aggressiven und
taktierenden Seiten dieser vernachlässigten Ehefrau auf dem Feldzug zum
Sieg mit den Nuancen Verführung, Beschimpfung und Verachtung
herauszuarbeiten.
Im Zusammenspiel mit Arirat Arpert als Vorzeigemutter Mae gelingen
ihr schöne und publikumswirksame Zickenkriege, die mit Applaus belohnt
werden.
Pauline Wagner zeigt in frischem, natürlichem Spiel eine geschwätzige
und nur vordergründig treusorgende "Big Mama", der man gerne zusieht.
Und schließlich Brick, der verlorene Sohn, gescheiterte Sportler und nun
hauptberuflich Trunkenbold, der die ganze Heuchelei und Buhlerei um Big
Daddys Brieftasche nicht mitmacht. Im Film brillierte in dieser Rolle
Paul Newman, und in der Inszenierung von "Schillers Freu(n)de" zeigt
Vincent Goldberg, dass er nicht nur die blauen Augen mit ihm gemein hat.
Er lässt das schwarze Schaf der Familie mit jener unbeteiligten
Lebensabgeschlossenheit agieren, die letztlich allein von der Zähigkeit
der Katze Maggie aufgebrochen werden kann, und überzeugt in dieser
reduzierten Darstellung.
Die Vorgeschichte Bricks, die aufwändig gefilmt und als Einstieg
gezeigt wurde, ist ein von vielen guten Einfällen einer starken
Inszenierung, der indes einige mutige Streichungen gut getan hätten,
sind doch insbesondere im zweiten Teil spürbar Längen auszumachen.
Das Stück sei zwar auf "zwei-einviertel Stunden eingedampft" worden,
versprach der Regisseur zu Beginn, hielt dieses Versprechen jedoch
nicht, es wurden brutto drei Stunden daraus. Und ans Herz gelegt sei den
Spielern auch, auf deutliche Aussprache zu achten, die mitunter unter
Schnelligkeit und Emotion der Figur zu leiden hatten.
Unterm Strich jedoch setzt das Ensemble die Erfolgsgeschichte von
"Schillers Freu(n)de" mit dieser Inszenierung bestens fort.
Und man darf gespannt sein, was dort als nächstes auf dem Spielplan
stehen wird.
Marita Kasischke
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