Nach 20 Jahren gibt Hans-Peter Goldberg am Schiller-Gymnasium die Theater-AG in
andere Hände.
Er wurde in seiner Funktion als Leiter der Theater-AG im Kollegenkreis
verabschiedet. Die neue Leiterin einer Theater-AG, Frau Döbelin, hielt im Juli
2017 eine Abschiedsrede. Daraus ein Auszug: Liebe
Kolleginnen und Kollegen, lieber Hans-Peter,
wahrscheinlich wundert ihr euch, warum ich in dieser Runde
jetzt auch das Wort ergreife. Es gilt nämlich heute Abend einen Kollegen zwar
nicht zu verabschieden, aber dennoch in gewissem Sinne das Ende einer ganzen Ära
zu begehen. Obwohl Hans-Peter sehr breit aufgestellt ist und am SG und am
Seminar seit Jahren eine Größe darstellt, ging es mir so, wie vielleicht vielen
von euch – mit dem Namen Goldberg verbindet man Theater und Theater am SG war
Theater mit Herrn Goldberg. Dieser Ruf eilte ihm voraus, genauso wie der, dass
die Stücke den Zuschauern immer einiges abverlangten, nicht nur wegen der
klimatischen Bedingungen der Wanderbühne im WCM, sondern auch, weil es in den
Stücken stets um nicht weniger als um die Frage nach den Möglichkeiten
menschlicher Existenz und menschlichen Zusammenlebens ging. So trat auch ich zu
Beginn des Schuljahres der „Theaterinstitution“ Hans-Peter mit gewisser
Ehrfurcht gegenüber und wusste nicht so recht, wie und ob eine Zusammenarbeit
auf Augenhöhe gelingen würde. Und ich glaube auch für dich, lieber Hans-Peter,
war es ein gehöriger Schritt, aus der zwanzigjährigen erfolgreichen
Einzelarbeit, plötzlich eine Gemeinschaftsaktion werden zu lassen. Dennoch
lernte ich immer mehr den Theatermenschen Hans-Peter kennen und verstand
zunehmend, was es bedeutet, wenn Hans-Peter von seinem „Theater-Ich“ spricht.
Dieses „Theater-Ich“ scheint mir bei ihm besonders ausgeprägt zu sein: Es
besitzt nicht nur eine unendliche Hingabe ans Theaterspielen, sondern auch die
nötige Portion Idealismus, um diese Hingabe den Schülern zu vermitteln. Das
Goldbergsche Theater-Ich ist darüber hinaus aber in vielerlei Hinsicht eine
besondere Persönlichkeit: Es scheint wenig bis gar keinen Schlaf zu benötigen,
kommuniziert gerne per Telefon oder E-Mail bis in die frühen Morgenstunden,
beschäftigt sich stundenlang mit dem Subtext des Textes und der Figurentiefe und
schafft es trotz aller Fokussierung aufs Detail schon früh den Blick für die
Gesamtinszenierung zu schärfen, der sich nicht zuletzt im richtigen Gespür für
die Besetzung der Rollen oder die Auswahl der Stücke gezeigt hat.
Dieses Theater-Ich zeichnet sich auch durch ein besonderes
Verhandlungsgeschick aus: In zahlreichen Ortsbegehungen mit Vertretern der Stadt
durfte ich staunend erleben, wie Hans-Peter, sagen wir mal durch „freundlichen
Nachdruck“, die Durchsetzung unserer Ziele erreichte oder sogar noch mehr für
uns rausholen konnte. Denn auch das gehört zum Theatermachen am SG schon immer
dazu: Räume auswählen und finden, Bautage zum Bühnenbau ansetzen, Podeste hin-
und herschleppen, Kabel und Teppichboden verlegen, immer wieder verhandeln,
nachhaken [...] – all das beherrscht Hans-Peter wie kein Zweiter. Wer sich von
seiner Arbeit in den zurückliegenden Jahren ein Bild verschaffen oder einige
Theatermomente Revue passieren lassen möchte, dem sei an dieser Stelle der
TheaterReader (Foto) wärmstens empfohlen, der für einen kleinen Preis die große
Bühne offenbart. Dennoch sollte das Goldbergsche TheaterIch nicht als
Einzelgänger verstanden werden. Theater war im Hause Goldberg stets eine
Familiensache: In vielen Rollen und Stücken konnten Hans-Peters Kinder glänzen
und seine Frau Gabi war immer die tatkräftig unterstützende Hand im Hintergrund.
Aus dem Theater-Ich wird also eher ein Theater-Wir. Unser diesjähriges Stück
„Endstation Sehnsucht“ (2017; Anm. d. Red.) passt auf die Situation, in der sich
Hans-Peter nun befindet, in besonderer Weise. Einerseits ist nach zwanzig Jahren
Theaterarbeit seine Endstation gekommen und Hans-Peter gibt auf eigenen Wunsch
die Leitung der AG ab. Andererseits, und das können alle erahnen, die ihn näher
kennen, wird seine Sehnsucht nach dem Theater weiter bestehen bleiben und umso
besser ist es, dass er der Schule durch seine LuT-Kurse in dieser Hinsicht mehr
als erhalten bleibt. Insofern kann man deine Entscheidung, lieber Hans-Peter,
vielleicht weniger als Abschied, sondern vielmehr als Aufbruch verstehen. Ein
Aufbruch zu neuen Handlungsschwerpunkten und neuen Theaterprojekten in anderem
Rahmen. In diesem Sinne möchte ich mich im Namen der Theater-AG für deine
herausragende Arbeit und für die Chance, die Leitung der AG zu übernehmen und
mein eigenes Theater-Ich zu entdecken, von ganzem Herzen bedanken. Ich freue
mich schon, dich bald als Ehrengast im Publikum begrüßen zu dürfen.
Inszenierungen insgesamt
1997 „Sieben Türen. Bagatellen“ von
Botho Strauß
1999 „Ein Augenblick vor dem Sterben“ von Sergi
Belbel
2000 „Café Größenwahn“ - eine szenische Collage mit Musik
2000 „Der gute Mensch von Sezuan“ von Bertolt Brecht
2001 „Glaube, Liebe, Hoffnung“ von Ödön von Horváth
2003 „Das Blut“ von Sergi Belbel
2005 „Der Besuch der alten Dame“ von Friedrich Dürrenmatt
2007 „Baden gehn“ von Volker Ludwig und Franziska Steiof
(Grips-Theater)
2008 „Im Dickicht der Städte“ von Bertolt Brecht
2010 „norway.today“ von Igor Bauersima
2010 „Café Umberto“ von Moritz Rincke
2011 „Der Besuch der alten Dame (Neuinszenierung) von F. Dürrenmatt
2013 „Die heilige Johanna der Schlachthöfe“ von Bertolt Brecht
2014 „Beziehungen“ – szenische Collage (in Zusammenarbeit mit LuT*-Kurs)
2014 „Denn sie wissen nicht, was sie tun“ - Dramatisierung des Films
2015 „Zeit für Theaterspiele“ – szenische Collage mit Musik (m.
LuT-Kurs)
2015 „Die Katze auf dem heißen Blechdach“ von Tennessee Williams
2016 „Baden gehn“ (Neuinszenierung) von Volker Ludwig & Franziska
Steiof
2017 „Endstation Sehnsucht“ von Tennessee Williams * |
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