
Herzlich willkommen!
Liebe und Laster, Glücksspiel und Gewaltaus-brüche, dazu ein
wenig New Orleans Blues –
„Schillers Freu(n)de“ tauchen tief in den amerikanischen Süden ein und in der
aktuellen Gegenwart wieder auf.
Nach der Inszenierung von "Baden gehen" von Volker Ludwig und Franziska Steiof
im Schuljahr 2015/2016 haben sich Schillers Freu(n)de dieses Jahr das
Stück „Endstation Sehnsucht" von Tennessee Williams vorgenommen.
Das Stück feierte bereits in zahlreichen Bühnen-inszenierungen und
Verfilmungen große Erfolge, nicht zuletzt in der berühmten Verfilmung aus dem
Jahre 1951 mit Vivien Leigh und dem jungen Marlon Brando.
2015 „Die Katze auf dem heißen Blechdach“, 2017 „Endstation
Sehnsucht“ - ja, die USA und einer ihrer literarischen Chronisten, Tenneesse
Williams, lässt „Schillers-Freu(n)de nicht los. Träume und Illusionen, Moral und
Unmoral, Ab- und kaum Aufstiege - da kommt einem dieser legendäre Stoff der
Nachkriegszeit, glänzend verfilmt unter der Regie von Elia Kazan, der auch die
Broadway-Uraufführung besorgte - vor, als wäre das Stück erst gestern
geschrieben.
„Die Katze auf dem heißen
Blechdach“ erzählte nicht nur vom Zerfall einer Familie, das Drama zeigte den
Zusammenbruch einer ganzen Werte- und Gesellschaftsordnung: Big Daddy, ein
Selfmademan, der sich seine Existenz aus dem Nichts geschaffen hat, verkörperte
wie kein anderer das Fortschritts-Versprechen des American Dream. Seine
Nachfolge war und ist damals wie heute, in den Zeiten der Globalisierung,
ungeklärter denn je.
„Endstation
Sehnsucht“ ist - obwohl früher entstanden – in der Handlung schon einen Schritt
weiter: Es sind nur noch die Opfer übrig.
Blanche DuBois und ihre
jüngere Schwester Stella entstammen der aus dem kolonialen Erbe hervor
gegangenen Oberschicht der amerikanischen Süd-Staaten, beide haben eine behütete
Jugend erlebt, deren materielle und moralische Basis jedoch längst zu bröckeln
begann. Beide erleben soziale und persönliche Abstiege unterschiedlicher Art,
denn die herrschaftlichen Lebensverhältnisse des einstigen Südstaaten-Geldadels
sind längst passé.
So geht es in dem 1947 geschriebenen Stück „Endstation Sehnsucht“ – in den
Figurenbeziehungen - um Lebenslügen und geplatzte Illusionen.
Für Blanche DuBois, die
weibliche Hauptfigur des Stücks, endet der Weg in New Orleans. Sie hat alles
verloren, den Familienbesitz, Geld, ihren Job als Lehrerin und die einst so
gerühmte jugendliche Schönheit ist auch dahin. So steht sie eines Tages vor dem
Haus ihrer jüngeren Schwester Stella.
Stella
wiederum hat den familiären Absprung früher geschafft – um den Preis eines
heftigen sozialen Abstiegs, bei dem sie auf den Füßen landete und mit dem sie
leben kann. Stella hat trotz der vornehmen Herkunft und Erziehung einen Weg
gefunden, mit dem „rauen Leben“ in New Orleans zurecht zu-kommen. Sie lebt mit
Stanley Kowalski zusammen, ihrem
Ehemann, einem jungen, nicht sehr gebildeten, aber klugen Arbeiter, dem
berufliche Aufstiegs-chancen
nachgesagt werden und der ein klassisches Rollenverständnis hat. Sein
Privatleben dient in erster Linie zur Befriedigung seiner Bedürfnisse: seien
diese sexueller, körperlicher oder geselliger Art. Mit derben Sprüchen,
Gewaltausbrüchen und exzessiven Pokerrunden zeigt er, wer „der Herr im Hause“
ist. Gleichzeitig ist seine Liebe zu Stella von einer rührenden
Klischeehaftigkeit, die ihn auf der Straße laut heulend auf die Knie sinken
lässt. Man kann diese Figur Stanley Kowalski sogar mögen – als ein großes,
rührseliges, aber sehr böses Kind, das seinen Lebenschancen an allen Ecken und
Enden nachspürt und klug genug ist, diese nach und nach zu verbessern.
Dass sich Blanche jedoch in dieser Welt kaum zurecht findet und
Stanley sich zu ihrem Gegner entwickelt, droht ihr zum Verhängnis zu werden…
Während sich Stella von der triebhaften, pulsieren-den und rohen Kraft seiner
Liebe mitreißen lässt, kann sich Blanche von den sozialen Wertvor-stellungen und
Attitüden ihrer besseren Herkunft nicht freimachen. Das Milieu der
vermeintlichen Verlierer ist ihr zuwider. So gibt sie sich fortgesetzt träumend
als etwas Besseres aus, eine Meisterin der Vorspiegelung falscher Tatsachen. Nur
dass die Taschenspielertricks der sich elitär gebenden Blanche von Kowalski und
seinen Pokerfreunden durchschaut und verabscheut werden. Die Absteiger von oben
begegnen dem rohen, energischen Auf-stiegswilligen von unten. Blanches letzte
Hoffnung auf irgendwie gehobene und geordnete Verhältnisse ist eine Ehe mit dem
schüchternen Mitch. Doch als Kowalski diese Verbindung kappt, gibt es kein
Halten mehr.
Die Geschichte ist in New Orleans verortet, könnte aber genauso
gut wo anders und zu einer anderen Zeit spielen. Bei Williams findet die
Geschichte in New Orleans statt, wo es in den 50-er Jahren tatsächlich eine
Straßenbahnlinie namens „Desire Line „ gab. Die Endstation hieß „Desire“, und
weil Williams dies so gut gefiel, nannte er sein Drama „Endstation Sehnsucht.“
Unabhängig vom zeitlichen Hintergrund wirft das Stück die Frage
auf, wie sozialer Auf- und Abstieg in unserer Gesellschaft verhandelt wird und
zeigt ungeschminkt Gewinner und Verlierer dieser Entwicklung auf.
Und was die Globalisierung sowie aktuelle Tendenzen in den USA
des Jahres 2017 angeht, gibt es derart viele Verbindungslinien, dass man in der
Auswahl und Inszenierung eher sparsam vorgehen muss.
Denn nicht zu kurz kommen sollen auch die grotesken, von
schwarzem Humor geprägten Seiten dieses Stücks – das, rasant gespielt, einen
hohen Unterhaltungswert nahezu garantiert.
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